Nach neunzig Jahren treuer Dienste und mehreren Jahren Leerstand erhält das ehemalige Hauptpostamt an der Neude in Utrecht eine neue Nutzung. Und zwar eine ganz neue. Unter dem Namen 'Post Utrecht' wird das nationale Denkmal zu einem dynamischen Ort zum Einkaufen, Studieren, Verweilen und Treffen.
Das Gebäude diente seit 1924 als Hauptpostamt und später als Telefonzentrale der PTT. Die doppelten Stockwerke erinnern an die Zeit, als die Telefonverbindungen noch mit Kupferdrähten und Schalttafeln hergestellt wurden. Im Jahr 2011 schloss das Postamt seine Türen, 2015 folgte die Telefonzentrale. Kurze Zeit später entwickelte ASR Immobilien den Plan, dieses besondere Gebäude neu zu nutzen. Als die Bibliothek zustimmte, in das Gebäude einzuziehen, gewann der Plan an Dynamik.
Neues Gebäude als zweite Fassade
FiMek estate und Burgland Bouw haben sich 2017 für das Entwicklungsmanagement bzw. die Umsetzung der Sanierung zusammengetan. "Gemeinsam haben wir den Plan verfeinert", sagt Richard Elscot, Entwicklungsleiter bei FiMek. "So weit wie möglich, denn bei einem Projekt wie diesem kann man während der Umsetzung auf alle möglichen Dinge stoßen." Projektleiter Teus Verhoef von Burgland Bouw fügt hinzu: "Die Sanierung besteht aus der Renovierung des bestehenden Teils und einem neuen Teil. Der neue Teil befindet sich auf der Seite der Oudegracht und wird bald als zweite Fassade fungieren. Im Untergeschoss wird der Albert Heijn-Supermarkt untergebracht, der sich bis in das Untergeschoss des bestehenden Teils erstreckt. Im Erdgeschoss werden Geschäfte untergebracht, darüber eine Brasserie und das Auditorium der Bibliothek. Die großen, hohen Fenster des neuen Gebäudes werden sich auf zeitgemäße Weise an den bestehenden Baustil des monumentalen Gebäudes anpassen. Die Architekten von Rijnboutt haben das sehr gut gemacht.
Altes Gebäude bleibt erkennbar
"Der bestehende Teil hat den Eingang auf der Neude-Seite und besteht aus einem Untergeschoss, einem Erdgeschoss und drei Stockwerken", erklärt Verhoef. "Der größte Teil davon, einschließlich des imposanten Saals im Erdgeschoss, wird von der Bibliothek und den dazugehörigen gastronomischen Einrichtungen eingenommen. Die derzeitige Telefonzentrale von KPN befindet sich bereits in dem Gebäude. Im Untergeschoss werden der Fahrradschuppen und ein Teil des Albert Heijn-Supermarktes untergebracht. Ein schönes Detail ist, dass einige Kuckucke restauriert werden, so dass man von außen wieder in das Untergeschoss sehen kann." Elscot: "Gemeinsam mit Monumentenzorg haben wir uns genau überlegt, wie der alte Teil erkennbar bleiben kann. Zum Beispiel dort, wo die Rolltreppen vom Neubau in den alten Teil führen. Abgesehen von den Nischen lassen wir die Außenfassade dort so weit wie möglich intakt und verwenden Elemente, die wir an anderer Stelle entfernt haben, wieder."
Erhebliche Eingriffe
"Wir lassen auch den Rest des Gebäudes so weit wie möglich intakt", so Elscot weiter. "Aber eine Telefonzentrale in eine Bibliothek zu verwandeln, erfordert große Eingriffe!" Verhoef fügt hinzu: "Charakteristische Merkmale des bestehenden Gebäudes sind das schwere Betonskelett mit Ziegelmauerwerk, die langen Erker und der geschlossene Charakter. Um von der zentralen Halle aus mehr Sicht auf die umliegenden Räume zu schaffen, realisieren wir einen großen Durchblick durch das gesamte Gebäude. Dazu schaffen wir Öffnungen mit Glas. Für die Rolltreppen machen wir große Öffnungen in der bestehenden Struktur. Und auch in der bestehenden Fassade, wo der alte und der neue Teil aufeinandertreffen, schaffen wir große Öffnungen. Um all diese Öffnungen strukturell unterzubringen, bringen wir eine große Menge an Stahl ein.
Abriss und Demontage
Die Bauarbeiten laufen nun schon seit einem Jahr. Verhoef blickt auf die geleistete Arbeit zurück: "Wir haben im Februar 2018 mit den Vorbereitungen begonnen, wie dem Schutz des Denkmals und der Errichtung von Zäunen um die Baustelle. Dann haben wir von oben nach unten mit dem Abriss begonnen. Die Abbrucharbeiten im Erdgeschoss und im ersten Stock sind noch in vollem Gange. Gleichzeitig sind wir bereits dabei, den zweiten und dritten Stock fertigzustellen. Wir gehen davon aus, dass wir die (Wieder-)Aufbauarbeiten bis Ende 2019 abschließen werden."
Archäologische Funde
Die neuen Bauarbeiten laufen parallel zu den Arbeiten im bestehenden Teil. Auf der Seite der Oudegracht riss Burgland Bouw eine alte Garage mit Traforaum ab und grub anschließend den Keller aus. Aufgrund archäologischer Funde wurde das Erdreich in Etappen ausgehoben. "Dadurch waren wir etwas im Verzug", sagt Verhoef, "aber wir haben auch schnell aufgeholt. Vor der Bauzeit war das Untergeschoss bis auf die Betonarbeiten fertig. Seitdem errichten wir den neuen Gebäudeteil. Der Rohbau, bestehend aus einer Stahlkonstruktion mit Hohlkörperplatten und Stahlbetondecken, ist inzwischen fertiggestellt. Die Fassade schließen wir mit einer Kombination aus Sichtbeton, Keramikverkleidung und Aluminiumfassaden. Die Rohbaufertigstellung der Geschäfte ist für Ende dieses Jahres geplant."
Irrenhaus
Die vielen Eingriffe, die große Menge an Hilfsstahl und die unvorhergesehenen Situationen machen die Arbeit einzigartig und interessant, aber auch anspruchsvoll. Das Gleiche gilt für die logistischen Bedingungen. Elscot: "Wir befinden uns hier an einem Knotenpunkt des öffentlichen Nahverkehrs und an der verkehrsreichsten Fahrradstraße der Niederlande. Während der Rushhour ist es hier ein einziges Tollhaus. Es ist dann unmöglich, hier einen Lkw zu entladen. Zwischen 7.00 und 9.30 Uhr und nach 16.00 Uhr machen wir hier gar nichts mehr. Alle Lieferungen erfolgen auf Abruf, und alles wird von der Potterstraat aus mit einem Turmdrehkran in das Gebäude gehievt. Der Turmdrehkran unterliegt einem strengen Transportplan".
Wertvolle Ergänzung
Elscot betont, dass trotz aller Herausforderungen der besondere Charakter des Projekts überwiegt: "Wir geben einem historischen Gebäude ein zweites Leben als wertvolle Bereicherung für die Stadt. Darauf können wir mit allen Beteiligten stolz sein."